FC Zürich – FC Basel 1893 3:2
Super League, 12. Spieltag
Sonntag, 27.10.2019, 16:00 Uhr
Spielort: Letzigrund, Zürich
Zuschauer: 11.101
Alle Fotos zum Spiel und vom Vormittag in Sion.
Mein 4. Klassiker zwischen dem FCZ und dem FCB, einem der Highlight Matches in Europa! Es sollte ein ereignisreicher und spannender Klassiker werden, was vorher nicht unbedingt zu erwarten war. Denn aus den bisherigen 5 Saison-Spielen gegen die Top 3 der Vorsaison (Bern, Basel, Lugano) holten die Stadtzürcher gerade mal 1 Punkt, bei einem Torverhältnis von 0:16... Und seit dem gewonnen Cup-Final 2014 gegen den heutiger Gast setzte es für den FCZ in 18 Klassikern 13 Niederlagen, bei 4 Unentschieden und 1 Sieg (den einzigen Sieg holte man am vorletzten Spieltag der Saison 2017/18, als für Basel mit dem 2. Platz die Endplatzierung bereits feststand).
Wer ohne Ticket den Züricher Letzigrund besucht, sollte etwas Zeit einplanen, hier hatte ich durchaus schon länger anstehen müssen. Rechtzeitig am Stadion, standen heute aber nur sehr wenige Fans an der Tageskasse - trotzdem dauerte es einige Minuten, bis ich mein Ticket in Händen hielt. Das System schien nicht so gut zu funktionieren und ein junger FCZ-Fan vor mir war schon ziemlich ungeduldig, als er länger auf sein Stehplatz-Ticket warten musste.
Stolze 55 CHF, wie schon am Vortag in Sion, kostete mich das Ticket im Sektor C. Etwa 45 min vor Spielbeginn betrat ich mit diesem Ticket das Stadion. Abgesehen von der Südkurve war der Letzigrund noch ziemlich verweist. Traditionell gönnte ich mir den Letziburger für immerhin 8,50 CHF - das ist bei all meinen Besuchen im Letzigrund praktisch obligatorisch - und freute mich auf den bevorstehenden Klassiker. Gegen 15:30 Uhr brachten die FCB-Fans mit dem Einmarsch in den Gästeblock auch Leben in die andere Kurve.
In der Züricher Südkurve gab es zu Spielbeginn eine sehr schöne Kombination aus Bengalos und gelben Rauch. Auf Gäste-Seite gab es keine besondere optische Aktion. Akustisch war der FCB Anhang jedoch lautstark zu vernehmen, wie natürlich auch die FCZ Fans gegenüber (und beide Seiten auch schon vor Spielbeginn).
Auf dem Rasen schienen sich die Züricher zunächst von den eigenen Fans mitreißen zu lassen und erwischten einen guten Start mit 2 frühen Torchancen. Jedoch bescherte ein leichtes Foul im Strafraum dem FCB einen Elfmeter, welcher nach einer Viertelstunde zum 0:1 verwandelt wurde. Gefeiert wurde dies im Gästeblock mit Rauch in den Vereinsfarben (blau und rot, wie auch unschwer auf den Fotos zu sehen...).
Das Tor ließ nichts Gutes erahnen, verlor der FCZ doch bislang alle 3 Saison-Spiele gegen die beiden Top-Teams (Meister Bern & Vizemeister Basel) mit exakt 0:4. Sollte sich dies etwa wiederholen? Nein! Denn heute hatten sie sich wohl etwas anders vorgenommen und ließen sich vom Gegentreffer nicht aus der Ruhe bringen. Ein Basler Fehlpass leitete den schnellen Ausgleich ein (19. Spielminute). Anschließend wollte man den FCB-Fans wohl in nichts nachstehen und so wurde der Ausgleichstreffer mit Rauch in den Vereinsfarben gefeiert - einige Bengalos und blauer Rauch sorgten erneut für ein schönes Bild.
Besser konnte das Match nicht starten - zumindest aus Sicht der neutralen Zuschauer... Und es kam noch besser; mit dem 2:1 durch Marco Schönbächler (33.) wurde das Spiel gedreht. Zur Pause stand somit eine überraschende, aber keinesfalls unverdiente Führung für das Heimteam.
Kurz nach dem Seitenwechsel köpfte der FCB den Ausgleich (48.), welcher von den Gästefans auch mit ein paar Bengalos und etwas Rauch gefeiert wurde. Doch der letzter Treffer sollte den Zürichern vorbehalten sein - wieder wurde das Tor durch einen Basler Fehlpass eingeleitet (61.). Torschütze Blaž Kramer ließ sich, zusammen mit seinen Mitspielern, die ebenfalls über die Bande kletterten, direkt vor der Südkurve feiern.
Danach zog sich Zürich mehr und mehr zurück. In den letzten 10 min nahm der Basler Druck zu, Zürich "versuchte" es öfters mit Befreiungsschlägen (eigene Konter waren zudem nicht gefährlich, bzw. wurden schlecht ausgespielt), die den FCB schnell wieder in Ballbesitz brachten. So gab es in den Schlussminuten durchaus noch brenzlige Situationen im Züricher Strafraum, die man aber irgendwie mit einer Mischung aus Willen und Glück meisterte.
Basel hatte sicherlich nicht den besten Tag, überzeugte in einer intensiven Partie zumindest mit Kampf und Einsatzbereitschaft. Auch gab man sich nie auf und probierte bis zum Schluss, das Match noch zu drehen. Nach dem Schlusspfiff handelte sich FCZ-Trainer Ludovic Magnin noch eine rote Karte ein, weil er sich wohl zu lautstark beim Schiedsrichter-Team beschwerte.
Die Stimmung in der Heimkurve war praktisch das ganze Spiel über fantastisch - der Spielverlauf gegen den Rivalen trug da natürlich seinen Teil bei. In Halbzeit 1 waren einige altbekannte Klassiker aus der Südkurve zu vernehmen, in Halbzeit 2 war auch das ein oder andere für mich Unbekannte dabei. Lautstarke Unterstützung kam ebenfalls aus dem Gästeblock; beide Fanlager sind in diesem Spiel einfach besonders motiviert. So groß die Antipathie auch sein mein mag - dieses Match ist für beide Seiten immer wieder etwas Besonderes.
Die Liga bleibt an der Spitze spannend. Basel muss mit der Niederlage die Tabellenführung an die Berner Young Boys abgeben (die ihr Spiel gegen Thun zeitgleich mit 4:2 gewannen), liegt mit 2 Punkten Rückstand jedoch in Schlagdistanz. Im Moment sieht es somit nach einem spannenden Kampf um die Meisterschaft aus. Endlich mal wieder, möchte man meinen. In den letzten Jahren stand der Meister oft frühzeitig fest, nach 8 Meistertiteln in Serie für Basel (die letzten davon teilweise sehr klar) gingen die letzten 2 Meistertitel sehr souverän an die Young Boys aus Bern. Der letzte Meister, der nicht aus einer Stadt mit "B" stammt, war der heute siegreiche FCZ im Jahre 2009.
Alle Fotos zum Spiel und vom Vormittag in Sion.
An- & Weiterreise / Vormittag in Sion:
Nach dem Rhone-Derby in Sion am Vortag stand auf dem Weg zum Klassiker in Zürich noch eine längere Bahnfahrt an. Zunächst wollte ich jedoch den Morgen im Wallis nutzen und den Mont d'Orge (786 m) "besteigen" - den sogenannten "kleinsten Berg im Wallis". Immerhin finden sich 41 Viertausender in den Walliser Alpen, aber für einen morgendlichen Spaziergang (bei einem Zeitfenster von knapp 3 h) ist natürlich keiner der Viertausender eine denkbare Option...
So hieß es wieder früh aufstehen, um 5:50 Uhr nochmals per Bahn nach Sion zu fahren (10 min Fahrtzeit). Im Dunklen brachte ich die 3 km und 300 Höhenmeter in einer Dreiviertelstunde doch recht zügig hinter mich. Oben befindet sich die Ruine vom ehemaligen Schloss Montorge (Château de Montorge), welches aus dem 13. Jahrhundert stammt.
Auf dem "kleinsten Berg im Wallis" bietet sich ein fantastischer Blick aufs Walliser Rhonetal und vor allem natürlich über Sion. Deutlich sieht man die beiden markanten Hügel mit den Schlössern Valère & Tourbillon, welche die Stadt prägen. Neben dem Genießen der tollen Aussicht "nutzte" ich die Zeit, wie so oft, um viel zu viele Fotos zu machen. Ziemlich genau 8 Uhr brachte dann die Sonne ihre ersten Lichtstrahlen über die Berge und kurze Zeit später machte ich mich auf den aussichtsreichen Rückweg, welchen ich nun im Hellen gehen konnte.
Wer sowieso keine hohen Berge besteigen möchte, sollte bei einem Sion-Besuch zumindest die Besteigung des Mont d'Orge in einen ausgedehnten Stadtrundgang einbauen. Zum See "Lac du Mont d'Orge" (643 m) fährt gar ein Bus (Haltestelle "La Muraz, Mont d'Orge"), so dass man die kleine Tour noch weiter verkürzen könnte. Teuer wäre dies nicht - während meines Besuches konnte man in Sion die Busse am Wochenende gar gratis benutzen. Pflanzenfans werden sicherlich die Artenvielfalt bemerken; während die Nordseite eher bewaldet ist, findet sich auf der Südseite eine Felsensteppe mit Kakteen und anderen mediterranen Pflanzen - und ringsum natürlich die Rebberge.
8:59 Uhr ging es zurück nach Sierre. Zurück in der Unterkunft "BnB Joris" genoß ich mein Frühstück, welches ich nur für die dritte und letzte Übernachtung optional wählte. Zwar zeichnet viele Schweizer B&B ein reichhaltiges Frühstück aus, jedoch wollte ich an den Vortagen sehr früh aufbrechen und jeweils den ganzen Tag nutzen. Das "BnB Joris" mit den beiden äußerst sympathischen Gastgebern kann ich auf jeden Fall weiterempfehlen, vor allem wenn man mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs ist. Der Bahnhof, von welchem auch IR (InterRegio) Züge fahren, ist nicht mal 1 km vom großen Einfamilienhaus entfernt (es hat aber auch Parkplätze am Haus).
Pünktlichst 11:09 Uhr begann die Rückfahrt in Sierre (mit dem längeren Zwischenstopp in Zürich für den Klassiker) mit tollen Aussichten. Durchs wunderschöne Rhonetal im Wallis bis Visp und von dort Richtung Norden durch den 34,6 km langen Lötschberg-Basistunnel (Unterquerung nördliche Alpenkette), vorbei am Thunersee und schönen Rückblicken auf einige Alpen-Gipfel. Sorgen, die 4 min Umstiegszeit in Visp oder die 8 min in Bern könnten zu knapp sein, hatte ich keine. Zurecht, wie sich herausstellen sollte - die Fahrt nach Zürich gestaltete sich ohne Probleme.
Zum Letzigrund ging ich vom Hauptbahnhof aus zu Fuß (knapp 3 km), nach dem Match nahm ich zurück zum Hauptbahnhof die Tram - zusammen mit den natürlich bestens gelaunten FCZ-Fans. Auf der Bahn-Rückfahrt wurde einem dann wieder der Unterschied zwischen dem Bahn-Netz der Schweiz und dem in Deutschland vor Augen geführt. Nach dem Umstieg in Singen ging es mit Zügen der Deutschen Bahn weiter - in Stuttgart warteten dabei 55 min planmäßige Umstiegszeit auf mich. Und weil der Zug aus Singen tatsächlich nur mit einigen Minuten Verspätung Stuttgart erreichte (also kurz vor 23 Uhr), durfte ich mal wieder einiges an Zeit auf dem Stuttgarter Hauptbahnhof verbringen. Während man in der Schweiz versucht die Verbindungen aufeinander abzustimmen, scheint das in Deutschland nicht von Bedeutung zu sein. Bei Umstiegszeiten von fast 1 h (welche nicht zum ersten mal in meinem Reiseplan auftauchen), verlängert sich natürlich die Reisezeit deutlich. Immerhin konnte ich aber an die frischen Erinnerungen an fantastische Fußballspiele, traumhaft schöne Landschaften und ein hervorragend funktionierendes Bahn-Netz (in der Schweiz!) denken.